Jugendliche, Arme und BeamtInnen zahlen drauf, Reiche bleiben ungeschoren.
Das österreichische Kürzungspaket kostet Arbeitsplätze und bereitet großangelegten Sozialabbau in den Bundesländern vor. Der „Beitrag der Vermögenden“ besteht derzeit vor allem aus Wunschzahlen, Unklarheiten und Mogelpackungen.

Man wird den Eindruck nicht los, dass bis zur Verkündung des „Größten Sparpakets der Zweiten Republik“ absichtlich lange zugewartet wurde. Lange genug, dass jede halbwegs konkret benannte Maßnahme als Befreiungsschlag aufgenommen wird, die die nervigen monatelangen Spekulationen beendet. Bis das Gesundheitssystem, die BeamtInnen, die Gewerkschaften und „die Länder“ von den Schreiberlingen des Kapitals auf den Titelseiten der mit Regierungsgeld finanzierten Zeitungen dingfest gemacht wurden. Und bis Hiobsbotschaften aus Griechenland – Kürzung der Mindestlöhne auf 590 Euro; Eltern, die ihren Nachwuchs in SOS-Kinderdörfern abgeben müssen, weil sie sich das Nötigste nicht mehr leisten können – alles „halb so wild“ wirken lassen.

In geübter Manier ließ zunächst Bundeskanzler Fayman (SPÖ) ausgewählte Informationshäppchen an die parteinahe Gratiszeitung „Heute“ sickern, die sich sogleich per Jubelmeldung bedankte: Wesentlich und titelwürdig erschien dem Kleinformat die Streichung von zwei Regierungsmitgliedern  als „symbolische Geste“. Weiters wurde der Solidarbeitrag von Spitzenverdienern betont. Gegen Ende der Darstellung werden dann Kürzungen bei Pensionen und Beamten kurz erwähnt.

Die anderen Tageszeitungen und der ORF haben sich großteils dem Tenor angeschlossen: Alle Bevölkerungsgruppen würden gleichermaßen belastet und allzu Schlimmes à la Mehrwertssteuererhöhung konnte verhindert werden.

Der sogenannte „Beitrag der Reichen“

Hier rühmt sich die Bundesregierung mit etwas höheren Steuern für Spitzenverdiener sowie vagen Ankündigungen von einer Neugestaltung der Gruppenbesteuerung, einer Umwidmungsabgabe und – auch das nicht wirklich fix – dem Ende der Steuererleichterung für Agrar-Diesel. Besonders nebulös erscheint die Rechnung, dass ein noch lange nicht geschlossenes Abkommen mit der Schweiz eine Milliarde Euro bringen wird, weil dieses Steuerflucht beende. Kreativ ist wiederum die Einrechnung einer Finanztransaktionssteuer, die man sich allerdings nur dann vorstellen kann, wenn die 26 anderen EU-Mitgliedsstaaten diese auch wollen – was auf absehbare Zeit wohl nicht der Fall sein wird. Zusammengefasst vor allem Phantasiezahlen, ergänzt um eine „Mehrbelastung“ für Personen, die diese gar nicht spüren können.

Folgen für die Mehrheit

Hier wurden bereits verbindlichere Ankündigungen getroffen, und die Kürzungen im Sozial- und Gesundheitsbereich werden auch einen Großteil der „Konsolidierung“ ausmachen. Allein bei den Ländern sollen 5,2 Milliarden eingespart werden. Wie man das nach dem Geschmack der Ratingagenturen durchzieht, hat bereits die Steiermark mit einem Kahlschlag bei Pflegebedürftigen, Jugendlichen und im Kulturbereich vorgemacht .
Beim „Sparen bei den Pensionen“ handelt es sich vor allem auch um einen Chancenraub an der Jugend: Durch eine Anhebung des faktischen Pensionseintrittsalters werden in den kommenden Jahren deutlich weniger Arbeitsplätze frei. Dasselbe gilt für den Aufnahmestopp bei den Beamten, auch die längeren Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst sind Jobkiller.
Schon jetzt fehlt es im Gesundheitsbereich an allen Ecken und Enden – das kann jeder miterleben, der ohne private Zusatzversicherung ein Krankenhaus betritt oder einen Operationstermin vereinbaren will. Nun sollen bis 2016 1,8 Milliarden Euro gekürzt werden – ohne eine weitere Verschlechterung der Leistung unmöglich.

Was alles „vergessen“ wurde

Spätestens heute dürfte der sozialdemokratische ÖGB-Chef Erich Foglar seine großspurigen Ankündigungen vergessen haben, dass die Gewerkschaft das Sparpaket nur akzeptieren werde, wenn jene, die die Krise verursacht haben, auch wesentlich zur Bewältigung derselben beitragen. Nun sollen zwar die Pensionen zwei Jahre lang real sinken, die Notwendigkeit einer Erbschafts- oder Schenkungssteuer sieht die Bundesregierung jedoch weiterhin nicht. Von den Stiftungsprivilegien war bisher auch noch nicht die Rede, die niedrigen Einheitswerte, die vor allem stinkreichen Großgrundbesitzern wie der Kirche, der Familie Esterhazy oder die Flick-Erben zugute kommen, werden offensichtlich auch nicht angetastet. Dass eine Finanztransaktionssteuer in den nächsten Jahren kommt, scheint unwahrscheinlich, dass diese so hoch ausfallen wird, wie derzeit angekündigt, ist so gut wie ausgeschlossen. Finanzinstitute, Kirche, Großagrarier: Keine der wirklich privilegierten Gruppen im Lande wurde tatsächlich ernsthaft zur Kassa gebeten, während Kürzungen bei Gesundheit, Sozialleistungen und Pensionen alle treffen, die Ärmsten am härtesten.

Ausblick

Mit den ersten halbwegs konkreten Ankündigungen ist freilich noch bei weitem nicht die ganze Wahrheit am Tisch. Gerade im Bereich der Bundesländer kommen noch Kürzungen und/oder neue Belastungswellen auf uns zu. Mit der von der EU dekretierten Schuldenbremse ist jedenfalls das Totschlagargument gegen Sozialleistungen auf Jahrzehnte einzementiert.
Es hat sich wieder gezeigt, wessen Interessen die Politiker egal welcher der etablierten Parteien vertreten. ÖGB und AK, die in den letzten Wochen und Monaten noch Ansätze klassenbewusster Haltung erkennen ließen, sind derzeit mucksmäuschenstill. Die Rechnung bekommen jetzt vor allem die Jugendlichen zu spüren: Schlechtere Jobaussichten, Kürzungen bei Kultur- und Sporteinrichtungen und weitere Barrieren im Bildungsbereich, auch wenn die SPÖ diese „Zugangsregelung“ und nicht „Zugangsbeschränkung“ nennen will.

Mit der Erfüllung der Wünsche der Kapitals hat die Regierung wieder den Beweis geliefert, dass es in diesem Wirtschaftssystem, in dem die Besitzenden die Macht haben und die große Mehrheit immer mehr unter die Räder kommt, für niemanden eine attraktive Zukunft gibt außer für die Kapitalisten und ihre Lakaien. Dass dies nun noch mehr Menschen im Land bewusst werden wird, ist das einzig Positive, das man dem „Sparpaket“ abgewinnen kann.

KJÖ & KSV stehen kompromisslos auf der Seite der Jugendlichen, der arbeitenden Menschen und der Armen und werden alle Kämpfe zur Abwehr der sozialfeindlichen Maßnahmen unterstützen: Banken und Konzerne haben die Krise verursacht, Banken und Konzerne müssen die Zeche ihres Systems zahlen!