Potentiell gefährlich: „Sicherheits“haft und Sozialdemokratie
Oder: Sozialismus oder Barberei?!

Ein Kommentar von Raffael Schöberl, Bundesvorsitzender der KJÖ

„Hegel bemerkte irgendwo, daß [sic.] alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“ Karl Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. MEW 8, S. 115.

Dieses Marx-Zitat muss einem unweigerlich in den Kopf kommen, wenn man an die jüngsten Entwicklungen in der österreichischen Sozialdemokratie denkt. Nachdem Innenminister Kickl verkündete, zukünftig Geflüchtete und AsylwerberInnen „präventiv“ zu inhaftieren, also bevor überhaupt eine potentielle Straftat vorliegt, legte der SPÖ-Politiker Doskozil nach. Er fordert nun, dass die sogenannte „Sicherungs“haft auch für ÖsterreicherInnen gelten solle. Unterstützung dafür erhält er aus der SPÖ Wien und der SPÖ Tirol.

Schon als es um den 12 Stunden-Arbeitstag ging, hat die Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ) darauf hingewiesen, dass die SPÖ mitnichten in Opposition zur Regierung oder gar zur herrschenden Klasse steht. Ganz im Gegenteil, die Sozialdemokratie ist momentan die soziale Hauptstütze für die Herrschaft des Kapitals im Rahmen der bürgerlichen parlamentarischen Demokratie. Sie bindet große Teile der ArbeiterInnenklasse ein, beispielsweise über ihren Gewerkschaftsapparat und über ihre in den bürgerlichen Staat implementierte Interessensvertretungsplattformen, wie der Arbeiterkammer und der Österreichischen HochschülerInnenschaft. All diese Mechanismen nutzt sie – die Sozialdemokratie – geschickt, um Widerstand gegen die Politik der herrschenden Klasse zu kanalisieren und letztlich die Interessen des Kapitals durchzusetzen. Das taten sie bereits 1918 als sie den österreichischen Kapitalismus vor einer sozialistischen Revolution retteten und gemeinsam mit bürgerlichen Parteien die erste Republik gründeten. Das tun sie auch heute, wenn sie zwar eine Großdemonstration gegen den 12 Stunden-Arbeitstag organisieren, einen heißen Herbst ankündigen, aber letztlich keine weiteren Maßnahmen, wie die Organisation von Streiks, vornehmen und sogar Streik- und Kampfbewegungen, wie beispielsweise im Sozialberreich, wieder einmal abwürgen.

Wenn das vorher beschriebene Prozedere der Plan A des Kapitals zu Durchsetzung seiner arbeiterInnen- und volksfeindlichen Maßnahmen ist, braucht es, falls die Menschen sich nicht von der Sozialdemokratie einlullen lassen, natürlich auch einen Plan B. Hier kommen Maßnahmen, wie die nun von Doskozil, Ludwig und anderen hochrangigen sozialdemokratischen PolitikerInnen geforderte „präventive“ Inhaftierung ins Spiel.

Auf ewig wird es aber nicht funktionieren, die sozialen und demokratischen Rechte des arbeitenden Volkes und der Jugend zu beschneiden und diese mittels der eigenen Apparate ruhig zu halten. Im Oktober 1950 gelang dies nicht und es kam in Folge dessen zum größten Streik der österreichischen Nachkriegsgeschichte. Die Sozialdemokratie ließ die Streiks niederschlagen und verbreitete gemeinsam mit der ÖVP, der CIA und anderen die Legende vom kommunistischen Putschversuch, um die Streikenden in Verruf zu bringen und den spontanen Streik an sich zu delegitimieren. Ob das unter der veränderten weltpolitischen Lage, schließlich existiert die Sowjetunion nicht mehr und die KommunistInnen in Österreich sind marginalisiert, noch einmal so leicht gelingen würde, ist fraglich. Doch genau hier kommt die „präventive“ Inhaftierung von Menschen ins Spiel! Denn es wäre naiv zu glauben, dass all diese Verschärfungen nur gesetzt werden, um die Straßenkriminalität und nicht politische GegnerInnen zu bekämpfen. Und sollte diese auch nicht helfen, dann hat die SPÖ ja „zum Glück” schon in der letzten Regierungsperiode mit der ÖVP die rechtlichen Rahmenbedienungen geschaffen, um einen Ausnahmezustand verhängen zu können.

„Die Menschen waren in der Politik stets die einfältigen Opfer von Betrug und Selbstbetrug, und sie werden es immer sein, solange sie nicht lernen, hinter allen möglichen moralischen, religiösen, politischen und sozialen Phrasen, Erklärungen und Versprechungen die Interessen dieser oder jener Klassen zu suchen.“ W. I. Lenin, Drei Quellen und drei Bestandteile des Marxismus, LW 19, S. 3, 9.

Gerade deshalb kann wirkliche Oppositionspolitik nur heißen, in Opposition zur herrschenden Klasse zu stehen und kompromisslos für die Interessen des Volkes und der ArbeiterInnenklasse einzutreten. Unser Kampf richtet sich deshalb nicht nur gegen die schwarz-blaue Regierung, sondern gegen die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse an sich, von welcher Partei auch immer sie gerade verwaltet werden. Der Ausweg aus der Misere besteht also nicht in einer sozialdemokratischen Regierungsbeteiligung, sondern in der sozialen Revolution. Die einzige Alternative zum bestehenden, kann deshalb nur der Sturz der Diktatur des Kapitals und der Aufbau des Sozialismus sein.