Umweltschutz und Nachhaltigkeit werden in Kuba groß geschrieben. Dies bestätigt auch eine Studie, die 2006 vom Global Footprint Network (GFN) herausgegeben wurde. Hier wurde die Lebensqualität, die von der UN per „Human Development Index“ (HDI) gemessen wird, und der „ökologische Fußabdruck“, der sich am Pro­Kopf­Verbrauch an Ressourcen orientiert, miteinander in Bezug gesetzt. Nachhaltige Entwicklung ist laut GFN dann gegeben, wenn der HDI mindestens 0,8 und der Fußabdruck höchstens 1,8 Hektar beträgt. Diese Werte hat bislang als einziges Land Kuba erreicht, nämlich 0,81 HDI und 1,4 Hektar. Im Vergleich: die US­Amerikaner verbrauchen das 6­fache, und die EUBürger das 3­4­fache der ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen.

In Kuba wird der Umweltschutz, anders als in der EU, nicht nur scheinbar gefordert und gefördert, sondern konsequent durchgesetzt. Hier wird nicht nur über Umweltschutz und „Grüne Energie“ geschwafelt, denn Umweltschutz ist in den Gesetzen und der Verfassung fest verankert. Auch Umweltbildungsmaßnahmen in Schulen und Medien sind in Kuba eine Selbstverständlichkeit. So wurden in Kuba auch zahlreiche Gesetze und Programme entwickelt, um den Ressourcenverbrauch und die Umweltverschmutzung zu reduzieren.

Ein Beispiel dafür ist das im Dezember 2005 von Fidel Castro ausgerufene „Jahr der Revolution im Energiesektor Kubas“. Die Zielsetzung des 2006 durchgeführten Großprojekts waren die Stabilisierung und Modernisierung des nationalen Stromnetzes, die Senkung des Energieverbrauchs und der Kohlendioxid­Emissionen, sowie die effizientere Nutzung von Energie. Um diese Ziele umzusetzen, wurden staatliche Forschungseinrichtungen im Energiesektor, wie Cubaenergía, gegründet und zahlreiche Erneuerungen in der Energiegewinnung und Versorgung vollzogen. Große Bedeutung kam hierbei der Verwendung von Solarmodulen und Sonnenkollektoren sowie der Windenergie zugute. So entstand im Jahr 2007 der erste, größte Windpark Kubas auf der Isla de Juventud. Weiters wurde die Stromversorgung dezentralisiert, was unter anderem durch die Errichtung von Kleinund Kleinstwasserkraftwerken vor allem in Bergregionen und Sonnenkollektoren auf den Dächern abgelegener Landschulen ermöglicht wurde. Von großer Wichtigkeit waren auch die von der revolutionären Regierung initiierten Energiesparkampagnen, im Zuge derer viele Stromfresser (wie Kühlschränke und Fernseher) durch moderne, energieeffiziente Geräte ersetzt wurden und Glühbirnen gratis gegen Energiesparlampen eingetauscht wurden.

Das Nachhaltigkeitsbewusstsein in Kuba ist zwar bei der Bevölkerung weit verbreitet, jedoch nicht fest in der Gesellschaft verankert. Die grundlegenden Faktoren für den Erfolg dieser Programme und Kampagnen sind andere. Einer dieser Faktoren ist das Niveau der sozioökonomischen Entwicklung, also der (qualitative und quantitative) Stand der Produktionskräfte und der sich daraus ergebenden Lebens­ und Konsumweise. Durch den niedrigen Motorisierungsgrad, das bescheidene Industrialisierungsniveau und die beschränkte Möglichkeit zum Kauf von Konsumgütern haben die KubanerInnen einen niedrigen Ressourcenumsatz pro Kopf.

Diese „Mangelsituation“ fördert jedoch intensives Recycling und beugt Problemen der Industriestaaten, wie Überproduktion und überfüllte Mülldeponien, vor. Auch die Kultur und die öffentlichen Medien haben einen positiven Einfluss, so entwickelte sich ein Weltbild mit ökologisch­nachhaltigen Prioritäten. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die geographische und wirtschaftliche Lage Kubas. Das Land war durch seine Insellage immer schon Import­abhängig. Dies erschwerte seine eigenständige und selbstbestimmte Entwicklung, führte jedoch zur Entwicklung eines Bewusstseins der Abhängigkeit und der Grenzen der eigenen Insel. Aufgrund dieser Lage ist das Land leider auch Naturgewalten wie Wirbelstürmen unmittelbar ausgesetzt, weshalb jährlich immense Kosten für Prävention und (bisher sehr erfolgreichen) Schutz aufgebracht werden müssen.

Kuba ist nach der Fläche und Einwohnerzahl eine verhältnismäßig kleine Nation, was jedoch die Distanz zwischen der Partei und den BürgerInnen verringert und somit die Ausbildung von sozialer Gerechtigkeit und Solidarität begünstigt. Dies spielt auch eine große Rolle in der politischen Lage des Landes. Hier ist das Regierungssystem das zentrale, bestimmende Organ für den gesellschaftlichen Wandel. Durch den selektiven Zugang zum monopol­kapitalistischen Weltmarkt treten die Zwänge des Kapitals, wie Ausbeutung und die Erzeugung beziehungsweise Verstärkung sozialer Ungleichheiten, kaum zu Tage. Dies ermöglicht der Regierung die Verfolgung der eigenen sozialistischen Werte und begrenzt die Einflussmöglichkeiten von internationalen Konzernen.

Kuba hat sich ­ nicht nur was den Umweltschutz betrifft ­ zukunftsweisende Ziele gesetzt und auch schon sehr viel erreicht! Leider gibt es aber auch im karibischen Inselstaat noch Probleme bei der Umsetzung. So werden zwar Schadstoff­Emissionen bei der Energieerzeugung vermieden, dennoch sind weiterhin etliche alte US­Automobile mit sehr hohem Benzinverbrauch und Schadstoffausstoß im Gebrauch. Verstöße gegen die Umweltschutzbestimmungen werden teilweise nicht geahndet und auch der Massentourismus mit seinem hohen Verschwendungsniveau wirkt der umweltfreundlichen Entwicklung Kubas entgegen. Kubas ökologische und soziale Standards sind jedoch in jedem Fall sehr weit entwickelt, sodass man den sozialistischen Staat in seinen Ansätzen für einen nachhaltigen Umweltschutz als Vorbild für alle anderen Staaten bezeichnen kann! „Wenn die Anstrengungen, die Kuba heute realisiert, in allen anderen Ländern der Welt unternommen würden, würde Folgendes geschehen: die nachgewiesenen und wahrscheinlichen Reserven an Kraftstoffen würden doppelt so lange ausreichen. Die verschmutzten Elemente, die diese heute in die Atmosphäre schleudern, würden auf die Hälfte reduziert werden.“ (Fidel Castro)